Trotzdem oder gerade deswegen

Da sitze ich nun. Es ist der 30.12.2020. Latenight – wie die Überschrift bereits vermuten lässt. Eigentlich wollte ich diesen Jahresrückblick am 20. Dezember veröffentlichen. Nach anfänglicher Skepsis (aka ‚Erschöpfung‘, aber das gebe ich nicht so gerne zu, wie ich auch weiter unten nochmal schreiben werde…) hatte ich mich zum großen #Jahresrückblog2020 bei meiner Blogmentorin Judith Peters angemeldet. Mein Ziel: Jeden Tag einen kleinen Schritt, und nach 20 Tagen steht mein epischer Jahresrückblick mit vielen Fotos, tollen Zwischenüberschriften und einer glasklaren Struktur. Der aufmerksamen Leserin ist es vermutlich nicht entgangen: das hat ganz offensichtlich nicht hingehauen. Denn dieses Jahr zieht bis zum Ende knallhart durch, was es sich fest vorgenommen hat: es läuft einfach komplett anders, als geplant. Exemplarisch dafür steht also der Dezember. Und darum startet dieser Rückblick auch mit genau diesem.

Ein Rückblick und ein Abschied

Ich hatte mir für den letzten Monat des Jahres vorgenommen, der Reflexion von 2020 und der Planung für 2021 einen gebührenden Raum zu geben. Denn mir war klar, dass gerade SOLCHE Jahre eine ordentliche Rückschau besonders dringend brauchen. Dass gerade in SOLCHEN Jahre, die ihre Schatten in alle Lebensbereiche werfen, besonders wichtig ist, nochmal genau hinzuschaue. Mit offenen Augen für die vielen positiven Dinge, die im Getöse um das große C viel zu leicht übersehen werden können. Ich wollte mich noch einmal fallenlassen in alle Tiefen, und die Höhen des Jahres feiern, um diese Energie für 2021 einzupacken und mitzunehmen.

Einen klaren Kopf wollte ich im Dezember vor allem gewinnen.

Es hätte ein richtig cooler Monat werden können. Wir waren fit, angekommen im neuen Zuhause, alle vier Kinder hatten mehr oder weniger regelmäßig Betreuung, meine Kundinnen und Kunden und ich steckten im Jahresendspurt. Doch dann mussten wir als Familie im Dezember von einem unserer engsten Familienmitglieder Abschied nehmen. Und wenn diese Zeiten schon absolut die falschen sind, um schwer krank zu sein, dann sind sie zum Sterben nur noch viel weniger die richtigen. Nach drei intensiven Wochen saßen wir also einen Tag vor Heiligabend endlich alle wieder zu sechst zusammen am Esstisch und mussten und müssen immer noch verarbeiten, was da eigentlich passiert ist. Gleichzeitig haben wir so viel Unterstützung und Hilfe erfahren, dass meine Dankbarkeit darüber schwer in Worte zu fassen ist.

Stattdessen bin ich froh, noch einigermaßen fest auf B

Und auch wenn unter dem Eindruck der vergangenen Wochen eine große Portion Schwere und Trauer meinen Blick auf 2020 einfärben, so weiß ich doch, dass in diesem Jahr sehr vieles passiert ist, für das ich ebenso dankbar bin. Denn wie hatte das alles eigentlich begonnen? Damals, in einer Welt ‚post-Corona‘?

Es war einmal…

Statt Corona beschäftigte mich vor gut zwölf Monaten vor allem die Frage, wie ich nach dem Ende meiner vierten Elternzeit im Februar 2020 wieder in den Job einsteigen würde. Nach Jahren als Angestellte und Freelancerin (beides natürlich auch gerne zeitgleich, wäre ja sonst viel zu langweilig…) hatte ich 2019 als Elternzeitprojekt in die Welt des Online-Business hineingeschnuppert. Und ich hatte das Gefühl: Dieses Online-Business und ich, wir könnten gut zueinander passen. Ich hatte meine ersten Gehversuche im Bloggen unternommen, einen Newsletter aufgesetzt, ein Instagram-Profil eingerichtet und sogar schon meinen ersten Online-Kurs mit 80 Teilnehmerinnen gemeistert. Dass sich dieses ‚online Ding‘ 2020 für mich plötzlich in eine ganz neue Richtung entwickeln würde, ahnte ich beim Zusammenfegen der Weihnachtsbaumnadeln am 6. Januar noch nicht.

Meine brennendste Frage vor einem Jahr: wie geht es nach der vierten Elternzeit weiter? Unser Sohn hat mich bei der Lösungsfindung tatkräftig unterstützt.

Privat blickte ich gespannt und mit ganz viel Vorfreude auf die kommenden Monate. An Pfingsten wollten wir mit Freunden zwei Wochen auf Korfu verbringen und in den Sommerferien dann in unser neues Zuhause einziehen. Weitere Highlights: der Wechsel unserer Ältesten in die weiterführende Schule und Kindegartenstart für den Jüngsten. Soweit der Plan…

Unser Haus im Rohbauzustand. Zu Jahresbeginn hatten wir noch gehofft, in den Sommerferien umzuziehen.

Homeschooling. Homestaying. Homeofficing.

Ganz ehrlich: im Schnelldurchlauf reichen diese drei Worte, um mehr oder weniger die Zeit zwischen dem 13. März und dem Ende der Sommerferien hier in Baden-Württemberg Mitte September zusammenzufassen. Auch im Nachhinein erscheinen mir diese sechs Monate wie ein Film. Für mich war das eine ganz extrem ambivalente Phase zwischen der Freude und dem Genuss, mit unseren vier Kindern sehr intensiv zusammenzuleben und uns als Familie neu aufzustellen, und der Verzweiflung und der Erschöpfung darüber, trotzdem und irgendwie unsere Jobs zu machen, die Selbstständigkeit aufzubauen, um Freiräume zu ringen. Manchmal wechselte meine Stimmung innerhalb weniger Minuten zwischen ‚Das ist so großartig, wie ich das alles hinbekomme‘ und ‚Ich bin eine totale Null und werde das niemals hinbekommen‘.

Die vier Kids und ich gehen viel wandern, einfach raus. Definitiv einer der ganz großen Gewinne in diesem besonderen Frühling und Sommer
Wir genießen die Natur hier am Schwarzwald-Rand…
…und im Sommer sehen wir sogar das Meer!
Aber auch direkt vor der Haustür stecken wir die Füße so oft es geht ins Wasser.

Ich gehe online

Zwei meiner Highlights waren definitiv meine beiden Online-Kurse im Mai und im August. Im Mai testete ich mit einer kleinen Runde, wie mein Framework zum Thema ‚Positionierung für MultipreneurInnen‘ als Gruppenprgramm funktioniert. Zehn großartige Menschen machten bei der Beta-Version dieses Programms mit. Und ich hatte in jedem Call mehr das Gefühl, dass ich auf der richtigen Spur bin, die Menschen zu finden, denen ich am meisten von meinem Wissen und meiner Erfahrung mitgeben kann.

Im Sommer startete ich dann im Rahmen des Mentorings beim SOMBA Kickstart (ich bin seit Herbst 2019 in diesem Programm und lerne das Online-Business von der Pike auf) einen Kurs mit dem Titel ‚Die FOKUS-Formel‘ für Selbstständige mit mehreren Standbeinen. Teilweise gab ich meine Live-Inputs und Calls aus unserem Mobile Home auf einem italienischen Campingplatz. Diese Möglichkeit, mit meinem Notebook, einer Webcam und einem Mikrophon einfach überall zu arbeiten, war grandios (und unsere Kinder begeistert vom extra Eis, das sie bekamen, weil sie eine halbe Stunde extra leise sein mussten).

Meine Begeisterung schwappte augenscheinlich auch auf meine 100 Teilnehmenden über, denn nach meinem Abschluss-Call entschieden sich knapp ein Dutzend von ihnen, für die kommenden drei Monate mit mir 1:1 zusammenzuarbeiten und das Wissen des Kurses zu vertiefen und anzuwenden. Zusammen mit den anderen Kunden, die ich seit dem Frühling begleitete, war ich so ganz still und heimlich ausgebucht. Und nach jedem Call dachte ich mir: Ich habe die spannendsten Kundinnen und Kunden, die haben so tolle Ideen, die sind so kreativ, so motiviert, das sind meine ‚People‘!

Ab April fahre ich zwei Mal die Woche ins Büro, um in Ruhe zu arbeiten. Mein Mann wechselt ins Homeoffice.
Als Kontrast zum bunten Alltag zuhause genieße ich die Ruhe und Konzentration an meinen Coaching-Tagen
Zuhause schlage ich meinen Computer da auf, wo es gerade passt. Selten allein.

Was zu kurz kam

Wenn ich begeistert von einer Sache bin, dann bin ich das mit Haut und Haaren. Ich gebe es ehrlich zu: ich bin nicht besonders gut eine absolute Niete darin, mir einzugestehen, dass ich an meine Grenzen komme – und darüber hinaus. Es fällt mir unfassbar schwer, mal locker zu lassen. Ich will mein Ding machen. Und wenn es nicht mehr geht, dann muss ich das meistens auf die harte Tour lernen. Während ich also im Herbst und Winter jede Woche meine Kundinnen und Kunden begleitete und unterstützte, kamen zwei Dinge viel zu kurz:

  1. Die Zeit, um neue Projekte anzustoßen und vor allem, an meinem Wachstum als Selbstständige zu arbeiten (Stichwort Social Media, Stichwort Angebote, Stichwort Freebie, Stichwort Newsletter…)
  2. Zeit für Pausen, Zeit für MICH!

2020 ist darum definitiv auch das Jahr, in dem ich vermutlich meine mieseste Schlafbilanz ever eingefahren habe. Und ich kann fairerweise nicht alles auf unseren kleinen Sohn schieben. Auch wenn er definitiv keine Rücksicht auf meinen Nachtschlaf nimmt und für den Großteil meiner Augenringe verantwortlich ist. Spätestens als meine Migräne sich immer häufiger bemerkbar machte, musste ich zugeben: mit diesem Pensum schaffe ich es nicht bis zum Jahresende. Denn ach ja! Da war ja noch was…

DAS gab es 2020 definitiv viel zu selten: einen Kaffee ganz in Ruhe in der Sonne.

Endlich: wir ziehen um!

Nach über zwei Jahren Planungs- und Bauzeit sind wir am 17. Oktober in unser neues Zuhause eingezogen. Mehr oder weniger im Alleingang und fast ohne Kinderbetreuung hatten wir in den Sommermonaten unser Familienleben in unserem schnuckeligen Altbau-Stadthaus kräftig entrümpelt, den Rest in Kisten gepackt und in einem Kraftakt innerhalb eines Tages ins neue Zuhause am Dorfrand gebracht. Gerade noch rechtzeitig, ehe ein neuer Lockdown unsere Umzugsmannschaft drastisch reduziert hätte.

Von außen wird’s langsam. Im November kommt das Gerüst für unseren Balkon.

Im neuen Haus war längst nicht alles bereit, in der Küche fehlten die Spüle, Fronten und ein Teil der Schränke, im Badezimmer war alles provisorisch, und wir hatten keine Türen (die werden mit Kindern sowieso überbewertet). Was wir stattdessen hatten, war plötzlich PLATZ! Aus einem Kinderzimmer für vier Kinder wurden vier. Aus einer Küchenzeile eine Kücheninsel, aus einem Zweiersofa eine Couch, auf der wir alle gleichzeitig sitzen können. Und aus meinem provisorischen Arbeitsplatz in der Küche/am Esstisch/im Kinderzimmer/in der Abstellkammer wurde MEIN EIGENES Büro!

Und innen kommen endlich die Türen.

Seitdem wir im neuen Haus sind, habe ich nicht nur mehr Ordnung und Überblick über unseren Hausstand, sondern auch wieder mehr Luft im Kopf für meine Projekte – und für Pausen! Allein der Fußweg zum Kindergarten zwei Mal am Tag ist ein Geschenk. Zuvor war das jedes Mal eine stressige Fahrt mit dem Auto quer durch die Stadt zur Hauptverkehrszeit. Jetzt ist es meine 10-Minuten-Auszeit. #itsthelittlethings. Dass ich aus jedem Zimmer (Gästeklo ausgenommen, sorry…) auf die Felder und den Waldrand schaue, ist sowieso das Allerbeste.

Seit unserem Umzug gibt es für mich viel mehr frische Luft. Direkt hinterm Haus ist für mich wie Urlaub.

Da war doch noch was…

Im August 2020 bin ich 40 Jahre alt geworden. Eigentlich wollte ich diesen Geburtstag mit meiner Familie am Attersee in Österreich feiern, einen Tag nach der Hochzeit meiner Schwägerin. Ihr ahnt es. Lief alles ganz anders. Aber dieser Geburtstag war trotzdem der Grund dafür, dass ich in diesem Jahr ganz bewusst und sehr intensiv auf die Suche gegangen bin nach meinen Prioritäten und meiner Vorstellung davon, wie ich leben möchte. Ich bin mit Sicherheit ein gutes Stück weniger kompromissbereit als noch vor einem Jahr. Stattdessen aber auf eine (für mich) gesunde Art und Weise gleichgültiger. I don’t always have to give a shit! Der eine oder andere Mindfuck (Danke, Judith Peters, für dieses Wort, das mein Leben verändert hat) hat sich mit Getöse oder klammheimlich verabschiedet. Und die, die noch da sind, werde ich eben bei nächster Gelegenheit pulverisieren.

Huch, wieder ein Mindfuck weniger: ich poste auch ein Grimassen-Bild von mir im Ramones-Shirt.

Tschüss, Lifetime-Mindfuck!

2020 wollte ich ankommen, in meinem neuen Zuhause, meiner Selbstständigkeit und in meinem Leben. Und es ist mir gelungen, wenn auch auf eine ganz andere Art, als ich das zu Jahresbeginn im Kopf hatte. Ich bin paradoxerweise durch die Erkenntnis angekommen, dass ich niemals ankommen werde. Was für mich fast 20 Jahre lang ein Makel war, die ‚Unfähigkeit‘, mich zu entscheiden, eine unerfüllbare Sehnsucht nach DEM EINEN, mein allergrößter Mindfuck ever, mein ‚Lifetime-Mindfuck‘ sozusagen, ist Geschichte. Und diesen Satz schreibe ich mit einer unbändigen Lust darauf, 2021 auch genau so zu gestalten.

Mein Motto für 2021: Ich will so werden, wie ich bin

Vielleicht geht es dir auch so: Wenn ich mein Motto für 2021 hier lese, hängt mein innerer Auto-Vervollständiger immer ein kleines ‚Du darfst‘ hintendran. An alle Kinder der achziger und neunziger Jahre: ich entschuldige mich in aller Form für den Ohrwurm aus der Werbung, aus der ich diesen Leitsatz für mich entlehnt habe. Und ich schmunzle, weil es doch so passend ist, dass mir quasi meine innere Stimme die Erlaubnis gibt, in den kommenden zwölf Monaten in die Vollen zu gehen. Weniger darüber nachzudenken, ‚wie man das macht‘. Und mich häufiger zu fragen: ‚What would Julia say?‘. Und zwar die Julia, die sich traut, andere Wege zu gehen. Gerade weil sie die ‚klassischen Wege‘ aus dem FF kennt – und weil sie darum genau weiß, dass die eben nicht zwingend die richtigen sein müssen. Stay tuned!

Meine Highlights aus 2020

  • mein Mann und unsere vier Kinder: We rock!
  • meine Kundinnen und Kunden, die mich schätzen und inspirieren
  • meine Familie und meine Freunde, einfach, weil es gar nicht selbstverständlich ist
  • meine Viel-mehr-als-Business-Buddy Natalie, meine persönliche Energietankstelle
  • ehrliche Worte meiner Mitmenschen, wenn ich mal wieder im Tunnel bin und eine Verschnaufpause brauche
  • meine neue Nachbarin, die mir schon nah war, bevor wir überhaupt umgezogen sind
  • die Lehrerinnen und Lehrer und die Erzieherinnen und Erzieher unserer Kinder, die aus diesem Jahr das beste rausholen
  • die Unterstützung und der Support in der SOMBA-Community und die ‚tough love‘ unserer Mentorin Sigrun
  • die Energie und das Wissen aus der Sympatexter-Academy von Judith (inkl. ordentlichem Blog-Fundament)
  • mein neues Corporate Design inkl. Logo (Danke, Lena von goingneon)
  • meine neue Website (Danke, Kalle von digitalerdurchbruch)
  • mein pferdischer Begleiter, der 2020 sage und schreibe 26 Jahre alt geworden ist, und immer noch längst nicht schwitzt, wenn ich nach dem Training dringend duschen muss
  • unser freundliches Kinderpony, das im Sommer zu uns gekommen ist
  • barfuß im Haus laufen, auch wenn Winter ist
  • ungezupfte Augenbrauen – und keiner hat’s gemerkt;-)
Für mich Luxus pur: Zeit auf und mit meinem Pferd. Er feierte in diesem Jahr den 26. Geburtstag und wir sind seit 21 Jahren ein Paar.

Worauf ich mich 2021 freue

  • Rotwein auf unserer neuen Terrasse
  • Grillen mit Freunden, einfach so
  • Kaffee und Kuchen mit meinen Eltern und meiner Schwester, auch einfach so
  • meine Workshop-Serie für selbstständige Multitalente, die am 27. Januar startet
  • ein weiteres Blogger-Jahr in der Content Society
  • meine Mastermind-Gruppe für Multipreneurinnen und Multipreneure, die ich im März zum ersten Mal launche
  • Instagram strategisch nutzen
  • SEO lernen
  • Pinterest erobern
  • Durchschlafen – mein lieber Sohn, es wird echt Zeit…
  • Sommerurlaub (vielleicht am Meer…) und mit dem Fahrrad ins Freibad fahren
  • Weihnachten mit der ganzen Familie

Worauf freust du dich 2021? Wenn du wissen willst, wie meine Reise weitergeht, dann freue ich mich, wenn du ein Teil davon sein möchtest. In meinem Newsletter halte ich dich gerne auf dem Laufenden.